Mittwoch, 1. April 2009

Berliner Rede des Bundespräsidenten Horst Köhler


Die Rede war Käse


Kurze Kritik der vierten Berliner Rede des Bundes-Präsidenten = BP, die hier insgesamt wiedergegeben ist. 

Der BP behauptet, schon ab 2000 eine "kapitalmarktpolitische Expertise" im IWF aufgebaut zu haben. Was soll dieses katastrophale Deutsch eigentlich heißen? Nicht glaubhaft, keine Veröffentlichung angegeben. Später in der Rede wird auf das gute Funktionieren des Finanz-Systems verwiesen: "Die Finanzmärkte waren Wachstumsmaschinen. Sie liefen lange gut. Deshalb haben wir sie in Ruhe gelassen." Entweder das eine oder das andere kann logischerweise nicht stimmen. 

Der "Wille habe gefehlt, das Primat der Politik über die Finanzmärkte durchzusetzen", was soll nun das heißen? Es gab keine globale, internationale Einheits-Politik, also auch kein "Primat", das sowieso eher in Diktaturen möglich ist. In Demokratien gibt es die Gewalten-Teilung. Wie kann die Gesetzgebung eines einzelnen Landes über ein globales Finanz-System also ein "Primat" ausüben? Wirrer geht es eigentlich nicht. "Primat" im Sinne eines diktatorischen Einflusses würde vielleicht den Wunschvorstellungen des BP entsprechen. Auf solche Gedankengänge hatte ich schon mehrfach hingewiesen. Unten in der Rede: "Es braucht einen starken Staat, der dem Markt Regeln setzt und für ihre Durchsetzung sorgt." 

Dann beschreibt der BP die Krise als Rezession. Ein Ausstieg aus der Globalisierung sei nicht möglich. Danach kommen Absätze zur Verantwortung gegenüber Entwicklungsländern. Man erwartet aber, das die Krise erläutert wird. Dies geschieht erst nach dem Intermezzo der Entwicklungspolitik. Hier leidet die Rede daran, etwas konfus zu sein. Der Sprung in ein völlig anderes Thema verkraftet ein Zuhörer eigentlich nicht. 

Wie konnte es zur Krise kommen, fragt der BP nun. Die Antwort legt er in Begriffe wie "riesige Finanzhebel", "Auftürmen von Finanzpyramiden" und in Sätze wie "Wir erleben das Ergebnis fehlender Transparenz, Laxheit, unzureichender Aufsicht und von Risikoentscheidungen ohne persönliche Haftung". Er verknüpft diese Antwort mit Ermahnungen zu Selbstkritik, Selbstbeteiligung, Verantwortung und Anstand. 

Wen meint er eigentlich damit? Die eigenen Handlanger unserer eigenen Politik in "System-Banken"? Der eine Zuhörer denkt sicherlich an Finanz-Jongleure in den USA, der andere vielleicht an die HRE oder irgendeine Landesbank in Deutschland, wer weiß? Wirr! 

Den "starken Staat", den der BP fordert, verbindet er in einem weiteren Absatz nun mit Marktwirtschaft, mit Realwirtschaft also, so dass man nicht so recht weiß, wo der BP hinspringen will, zur Finanz-Wirtschaft oder zur Realwirtschaft. Sicherlich - die "Markt-wirtschaft lebt vom Wettbewerb", das wissen alle, aber seine "Begrenzung der wirtschaftlichen Macht" ist wieder völlig unklar. Wieder wirr! 

Die "persönliche Haftung", "Rechtstreue", "Verantwortung" und "Transparenz" hört sich dann so an, als sei der Staat derzeit nicht "stark" und neide der Wirtschaft gewisse Machtpositionen. Ob es die Banken sind, oder vielleicht die Firma Porsche, oder eventuell die Aldi-Brüder, wer kann aus der Rede erkennen, wo der BP "Macht" begrenzen will, niemand. Die Rede wird zum Ratespiel. Er fordert dann, dass "wir" (Wer?) uns Freiheit nehmen und anderen ermöglichen. Das passt nun wieder nicht zum "starken Staat". 

Wieso die Krise "den Wert der sozialen Marktwirtschaft" bestätigt, steht wohl in den Sternen, denn diese leidet am meisten. Sprachlich wäre richtig: die Krise schadet der sozialen Marktwirtschaft. Wieder landet die Rede dann bei der Rezession, gemeint ist aber wohl Deflation. Sind damit die billigeren Preise an Zapfsäulen und Supermärkten gemeint? Will der BP wieder Teuerung? Ist er gar ein "Bürger-Präsident"? Auch hier Verwirrung pur Anmerkung1.

Plötzlich schimmert neben dem "starken Staat" auch ein starker Mann durch, nämlich der BP selbst. Ich zitiere: "Die Politik hat schnell und entschlossen reagiert. Die Banken werden mit Kapital und Garantien versorgt, damit der Geldkreislauf nicht völlig zum Stehen kommt. Die Konjunkturprogramme schaffen Nachfrage und helfen den Betrieben, durch die Krise zu kommen." Diese Erfolgsmeldungen, deren Hintergründe höchst zweifelhaft sind, klingen wie der Jargon aus einer nationalsozialistischen Wochenschau zum Durchhalten. Deutschlands "Führungsrolle" wird betont, "volle Wucht einer gemeinsamen Kraftanstrengung von 500 Millionen Menschen", da sind wir schon fast bei Hitler. Die weiteren Ermahnungen und was der BP für Opel "sehen will", spare ich mir lieber. Das wiederholte "Wir wollen", "Wir wollen", ohne Klarheit, wer mit "Wir" gemeint ist, macht das Lesen uner-sprießlich. 

Versuchen "wir" mal, die Finanzkrise in einem Satz zusammenzufassen: 

Gewaltige Mengen von Schuld-Derivaten aus den USA ohne reale Inhalte wurden als verunklärte Pakete mit gelogenen Gewinn-Versprechungen schneeballartig und betrügerisch in den Finanzmarkt gepumpt, von gekauften Rating-Agenturen behandelt und von gierigen europäischen Privatbanken, Landesbanken und System-Banken in Massen aufgekauft, um sie ungeprüft gewinnbringend an Ahnungslose weiterzuempfehlen. 
Zur internationalen Finanzkrise siehe auch hier.

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Anmerkung1: Nachtrag am 4/April/2009 7:00 +1

DGB-Chef Michael Sommer kritisierte die Aussage der Rede BP Köhlers, die Deutschen hätten über ihre Verhältnisse gelebt. Das sei falsch. Sommer verwies auf die unteren Schichten, auf die Situation  von Arbeitnehmern. Aus Empörung über die Pläne des Allianz-Konzerns, trotz Milliardengewinnen 5.000 Arbeitsplätze abzubauen, zieht DGB-Chef Michael Sommer in der Oldenburger "Nordwest-Zeitung" gegen die Manager des Versicherungskonzerns zu Felde. Ist Sommer der bessere Präsident der Deutschen? Offenbar! Zumindest ein kleinwenig ist er ein Hofer oder Tell, während sich BP Köhler dort auf dem "Gelände" der Denkmäler der Freiheit sogar noch hinter Finanz-Minister Steinbrueck verstecken kann. Er wäre dort wohl zu sehen, wenn die Anzug-Jacke von Herrn Steinbrueck nicht so offen wäre. Sie nimmt dadurch die Sicht, wer hinter dem Finanz-Minister steht.




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